Woher kommt der Australian Shepherd ursprünglich?
Wer den Namen Australian Shepherd hört, vermutet natürlich gleich, dass die schöne Hunderasse aus Down Under, also Australien, kommt. Obwohl dies natürlich die naheliegendste Antwort ist, stimmt sie jedoch nicht. Der Aussie ist eine in den USA entstandene Hunderasse mit wenig bekanntem Ursprung.
Züchter und Liebhaber des Australian Shepherds rätseln darum gleichermaßen über die eigentliche Herkunft dieser Rasse und die ursprünglichen Hunde, die gekreuzt wurden, um den Aussie zu erhalten, wie wir ihn heute kennen.
Dabei ging es den ersten Züchtern weniger um das gute Aussehen des Hundes. Vielmehr war ein arbeitswilliger und kluger Hund gefragt, mit hervorragenden Hüteeigenschaften, der sich an das Leben und die Arbeit auf den Farmen und Ranches anpassen konnte. Dass der Australian Shepherd trotzdem ausgesprochen hübsch wurde und sich auch gerade wegen seiner vielfältigen Farbvarianten großer Beliebtheit erfreut, war eigentlich nur ein glücklicher Zufall.
Im frühen 19. Jahrhundert kamen gemeinsam mit den Einwanderern aus Europa und Australien auch reichlich Vieh, vor allem Merinoschafe, in die Vereinigten Staaten. Die Siedler ließen sich dabei zunächst überwiegend an der Ostküste der USA nieder und brachten neben Schafen und anderen Tieren auch ihre Hunde mit. Darunter selbstverständlich viele Hütehunde.
Aus den verschiedenen zur Verfügung stehenden Vierbeinern wurden schließlich die mit den besten Eigenschaften gekreuzt, um robuste, intelligente und ausdauernde Hütehunde zu erhalten.
Einen einheitlichen Namen hatten die aus dieser “Zucht” resultierenden Hunde zu dem Zeitpunkt noch nicht. Manchmal wurden Sie schlicht Collie oder Shepherd genannt. Je nachdem woher die Siedler bzw. Farmer mit ihren Vierbeinern kamen, wurde die Länderbezeichnung dem Namen noch hinzugefügt. So gab es beispielsweise English Shepherds und eben auch Australian Shepherds.
Welche Hunde sind die Vorfahren des Australian Shepherds?
Aufgrund der zuvor beschriebenen Namensgebung einiger Hütehunde ist es heute um so schwerer, den eigentlichen Ursprung dieser Rasse zu erforschen. Ein English Shepherd hatte mit der heutigen gleichnamigen amerikanischen Rasse zum Beispiel wenig zu tun und beschrieb damals einfach nur die Herkunft der verwendeten Hunde.
Es gibt jedoch einige Hinweise darauf, dass der Altdeutsche Tiger ein Vorfahre des Australian Shepherds sein könnte. Ebenso haben wohl spanische Hütehunde wesentlich zum Aussehen des heutigen Aussies beigetragen.
Vor allem die Hunde der baskischen Siedler aus der Grenzregion zwischen Spanien und Frankreich gelten heute als Mitbegründer der Rasse. Dabei kamen einige direkt aus Spanien in die Vereinigten Staaten, wohingegen andere baskische Siedler zuvor jedoch eine Weile in Australien lebten, ehe es sie gemeinsam mit ihren Hunden und Schafen in die USA verschlug.
Was haben Schafe mit der Namensgebung zu tun?
Grund für diesen Umweg über den australischen Kontinent waren vermutlich die Merinoschafe. Die eigentlich aus Nordafrika stammenden Tiere wurden bis zum 18. Jahrhundert ausschließlich in Spanien gezüchtet und ihre Ausfuhr aus dem Land war unter Todesstrafe verboten.
Als die Schafe mit ihrer begehrten feinen Wolle schließlich exportiert wurden, gelangten große Herden auch nach Australien und von dort aus schließlich in die neue Welt. Mit dabei natürlich die teils baskischen Schäfer und ihre Hütehunde.
Die Amerikaner nannten die neuen Schafe schlicht “Australian Sheep” und die Hunde, von denen sie gehütet wurden “Australian Shepherd”. Heute geht man davon aus, dass es diesem Umstand zu verdanken ist, dass die Aussies als Australian Shepherds bezeichnet werden.
Als mögliche Vorfahren der Aussies gelten heute:
- Altdeutscher Tiger
- Schottischer Schäferhund
- Diverse spanische und irische Hütehunde
- Cumberland Sheepdog
- English Shepherd
- Bouvier des Flandres
- Glenwherry Collie
- Dorset Blue Shag
Der Goldrausch markiert den Beginn der eigentlichen Australian Shepherd Zucht
Einige Siedler wagten den Aufbruch in den Westen der USA mitsamt ihren Herden und natürlich Hunden. Die klimatischen Bedingungen, die sie dort vorfanden, waren jedoch gänzlich anders, als im milden Osten des Landes. Die mitgebrachten Hütehunde kamen mit dem heißen und trockenen Wetter im Westen und der extremen Kälte im Nordwesten nur unzureichend zurecht. Darum benötigten die Schäfer einen anderen Schlag von Hütehund, der sowohl mit dem Klima, als auch mit dem unwegsamen Gelände gut zurechtkommen würde. Der Grundstein für die Aussie-Zucht war gelegt.
Zunächst blieb die Anzahl an Ranches und Farmen im Westen gering. Mit dem Goldrausch zur Mitte des 19. Jahrhunderts, zog es jedoch Scharen von Menschen in den Westen und die Nachfrage nach Gütern des täglichen Bedarfs, wie Wolle, Hammel- und Rindfleisch, stieg rapide an. Um den Bedarf zu decken, wurden die Herden größer und mehr Farmer und Viehhändler kamen in die Region. Dementsprechend wurden auch mehr Hunde benötigt, um das Vieh zu hüten.
Es mussten robuste, ausdauernde Hunde sein, welche in dem unerschlossenen Gelände gut zurechtkamen und dort eigenständig denken und agieren konnten. Trotzdem sollten sie leicht trainierbar und abrufbar sein sowie Kommandos präzise ausführen. Die aus den Kreuzungen entstandenen Hunde wurden sich im Aussehen und Charakter schließlich immer ähnlicher und ein bestimmter Typ von Arbeits- und Hütehund kristallisierte sich heraus: Der Australian Shepherd!
Heilige Geister-Hunde
Die amerikanischen Ureinwohner verehrten den Australian Shepherd und seine frühe Vorfahren und betrachteten diese Tiere als heilig. Die Hunde hatten eine Vielfalt an Fellzeichnungen und dazu häufig eisblaue oder zwei verschienen farbige Augen.
Darum wurden sie von den Indianern “die mit den Geisteraugen” (“ghost-eyed dogs“) genannt. Sie weigerten sich oft, mit den gottgleichen Hunden oder ihren Besitzern zu interagieren. Allerdings durften Reisende mit einem solchen Hund angeblich Indianerland unbeschadet passieren und mussten keinen Angriff fürchten.
Die heimlichen Stars beim Rodeo
Als Farmer Jay Sisler aus Idaho wegen einer Knöchelverletzung nicht arbeiten konnte, fing er mehr aus Langeweile an ein paar Australian Shepherd Welpen zu trainieren. Wie sich zeigte, hatten die Hunde eine schnelle Auffassungsgabe und großes Talent und auch Jay hatte eine natürliche Begabung im Umgang mit Hunden. Er brachte ihnen erstaunliche Tricks bei, wie auf zwei Beinen zu laufen, Handstand zu machen, Seilchen zu springen und sogar mit den Hinterläufen auf einer Stange zu balancieren.
Schließlich zeigte er in den 1950er und 60er Jahren seine außergewöhnlichen Hunde bei Rodeoshows und das Publikum liebte und feierte die schlauen Hunde. Nicht wenige wollten selbst so einen klugen und überaus schönen Hund besitzen. Die Australian Shepherds hatten den Sprung vom Farmhund zum begehrten Familienhund geschafft.
Die Aussies Queenie, Stub und Shorty als Filmstars mit ungewöhnlicher Gage
Die Beliebtheit der Australian Shepherds erreichte schließlich ihren Höhepunkt, als Sislers Hunde Stub, Shorty und Queenie in einer eigenen Fernsehshow namens “Stub” auftraten. Es folgten zwei Disney-Filme: “Run Appaloosa Run” und “Stub: The greatest Cowdog in the West“. Dies sorgte für einen Boom in der Nachfrage nach dieser Rasse und bis heute haben die Aussies zahlreiche Fans in aller Welt.
Die drei Hunde besiegelten also mit den abendfüllenden Spielfilmen den Siegeszug der Rasse. Dabei wurden diese haarigen Stars ursprünglich einmal nur zum Spaß trainiert. Sisler führte dieses Training jedoch auf einen ganz neuen Level und kreierte immer neue und manchmal auch lustige Tricks und Kunststücke.
Die Australian Shepherds wurden von Jay Sisler natürlich stets gelobt und motiviert. Die begehrteste Belohnung der drei Aussies waren jedoch selbstgemachte Pfannkuchen.
Neben Rodeoshows und Fernsehauftritten leisteten Shorty, Queenie und Stub jedoch auch ihre ganz normale Arbeit auf der Ranch und hüteten mit Jay gemeinsam Vieh.
Außerdem züchtete Sisler mit ihnen auf seiner Farm in Idaho. Viele der heutigen Australian Shepherd gehen auf diese drei Hütehunde zurück. Shortys Nachkomme “Wood’s Jay” beispielsweise wurde sehr bekannt und gehörte Fletcher Wood, einem der ersten Aussie-Züchter.
Hyper Hank
Ein weiterer sehr bekannter Australian Shepherd war Hyper Hank. Er und sein Herrchen Elden McIntire waren leidenschaftliche Anhänger des Hundesports “Disc Dog” oder auch “Frisbee Dog” genannt.
In den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts traten sie gemeinsam mit Whippet-Rüde Ashley beim beliebten Super Bowl auf und waren sogar zu Gast bei Präsident Jimmy Carter im Weißen Haus. Dort spielte Tochter Amy mit Hyper Hank im Garten. Was? Frisbee natürlich!
Video: Youth Invitational Ashley Whippet and Hyper Hank (1977) –
Der “Australian Shepherd Club of America”
1957 wurde in Arizona der “Australian Shepherd Club of America” (ASCA) gegründet. Registriert wurden die Hunde bis 1971 allerdings vom “National Stock Dog Registry” (NSDR), der Arbeits- und Hütehunde vorbehalten war.
Ab den 70er Jahren übernahm der ASCA schließlich selbst die Registrierung. Da die Australian Shepherds immer weniger als Hütehunde eingesetzt wurden, musste die Rasse anderweitig angepriesen und gefördert werden. Der Australian Shepherd Club of America richtete darum Wettkämpfe in diversen Hundesportarten aus, wie Obedience, Tracking und Agility. Den ersten Rassestandard gab es 1977.
In den 80er Jahren wollten Züchter und Anhänger des Australian Shepherds die Hunde als eigenständige Rasse vom “American Kennel Club” (AKC) anerkennen lassen. Einige hatten jedoch die Befürchtung, der Arbeitshund verkommt durch diese Anerkennung zu einem Showhund und verliert seine ursprüngliche Aufgabe als Hütehund.
Der Antrag wurde zunächst zurückgenommen. Es war schließlich die neu gegründete “United States Australian Shepherd Association” (USASA), welche sich um eine Anerkennung der Rasse und gleichzeitig eine Mitgliedschaft bemühte, und beides 1993 schließlich erhielt.
Clubs in Deutschland und die Anerkennung der Rasse durch den FCI
In den 1970ern wurde die Rasse zunehmend in Europa und somit ebenfalls in Deutschland bekannt. Zu dieser Zeit erfreute sich die Westernreiterei aus den USA immer größerer Beliebtheit. Mit dem Reitsport und den Pferden kamen schließlich auch die klugen Australian Shepherds nach Deutschland.
Es gibt mittlerweile eine ganze Reihe von Clubs und Vereinen in Deutschland, die entweder dem “Australian Shepherd Club of America” (ASCA) oder der “Fédération Cynologique Internationale” (FCI) angeschlossen sind. Von der FCI sind die Aussies erst seit 1996 als eigenständige Rasse anerkannt. Der zurzeit gültige Rassestandard stammt aus dem Jahre 2009.
FCI:
- Club für Australian Shepherd Deutschland eV (CASD) – gegründet 2001 – gehört außerdem zum VDH
ASCA:
- Australian Shepherd Club Deutschland eV (ASCD) – gegründet 1988
- Australian Shepherd Versatility Association (ASVA) – gegründet 2013
- Australian Shepherd Hütehund Zuchtgemeinschaft (ASHZG)
- Australian Shepherd Competition Club Germany (ASCCG) – gegründet 2013
Danke für den schönen Artikel und den Hinweis auf den Ursprung dieses tollen Hundes. Tatsächlich ist es ein wenig traurig mit anzusehen wie sehr der Mensch seine Konditionierung auf diesen Hund über trägt und diesen damit meistens überfordert. Frühzeitiges Bälle holen und schon im Welpen Alter Sport und Agility zu betreiben ist für den Hund schlecht und ergreifend zu viel. Die Krankheit des Workaholics ist auch dem Hund nicht angeboren und manch einer wird zum Ball Junky. Aber nicht weil das seine Natur wäre, sondern weil der Mensch nicht fühlt was der Hund wirklich ist und braucht. Seine Würde wird ihm da mit genommen.
Hallo Tanjana!
Ja, viele Aussies werden geradezu zu Workaholics herangezogen. Jeder weiß, dass sie viel Auslastung und mentale Beschäftigung brauchen, aber leider wird dabei oft vergessen, dem Hund beizubringen, wann Schluss und Pause ist. Sind die Schafe im Stall, macht der Schäfer auch kein Agility oder andere Sachen mit seinem Hütehund 😉 Dann war der Aussie eben gerade im Ruhemodus und hatte Feierabend. Ich denke, vielen Haltern fällt es schwer, eine gelungene Mischung zu finden oder es gibt Bedenken, den Vierbeiner nicht ausreichend ausuzulasten. Zu viel des Guten ist vermutlich genauso schlecht wie Unterforderung.
Viele liebe Grüße,
Vanessa